Das eigene Wesen erkennen, Licht ins unermessliche Dunkel
des Innern bringen – wozu soll das gut sein? Schulterzucken meinerseits, denn
ich kann das nur für mich beantworten, für andere wird die Antwort anders
formuliert sein. Ich kann im Dunkeln nicht so gut sehen, fische im Trüben,
finde dort schlecht etwas. Gedanken können sich dort verlustieren, mich aus
diesem Versteck heraus überfallen, um mich klein zu machen, zu verängstigen und
mich von mir wegzurücken – verrückt werde ich dabei. Zusätzlich machen mich
diese ungesehenen Gedanken schwer, bürden mir die Lasten auf. Wie soll ich so
leicht leben, fröhlich sein können, gleichmütig sein? (Gleich im Gemüt sein
oder den gleichen Mut beibehalten? Egal, am besten Beides)
Manchmal vergleiche ich meine Gedankenwelt mit einem Haus
und ich will keinen dunklen Keller in diesem Haus haben. Ein Keller, in dem ich
nicht überall Licht machen kann – ein Graus aus der Kindheit. Diese Gänge, in
denen erst nach einigen Metern der nächste Lichtschalter war, der Kellerraum,
in dem es gerade in den finstersten Ecken besonders prölig und unaufgeräumt war.
Ich fühlte mich wie in einer Gruft, aus der gruselige Geister auf mich stürzen
würden und besonders schlimm war, dass ich keine Übersicht hatte. Woher würde
das Böse über mich kommen?
Wer will schon mit so einer Gedankenwelt leben? Ich
nicht. Ich möchte sie überschauen können, meine Gedanken dorthin lenken, wo sie
mir gut tun. Krankmachende Ideen erkennen und die Fiesen, die alles vergiften,
die will ich rauswerfen können. Ich will wissen, warum ich mich für etwas
entscheide und, selbst wenn ich es nicht weiß, will ich wenigstens wissen, dass
ich es nicht weiß… Kann ich nicht alle Ecken in mir ausleuchten, will ich sie
jedoch kennen.
Nabelschau? Für niemanden nützlich? Bin ich Niemand? Egal,
für mich ist diese Schau notwendig, wichtig. Das, was ich über mich erkenne,
kann ich verarbeiten, mitteilen, mit anderen teilen. Ich nerve mich weniger und
damit ganz sicher auch den Rest der Welt. Vielleicht bringe ich andere Menschen
auf Ideen, die sie aus ihrem eigenen Dickicht führen.
Lasse ich den dunklen Gedanken weniger Raum, entziehe ihnen
die Nahrung, sorge ich dafür, dass sich schwarze Schwingungen in dieser Welt
seltener verbreiten können.
Unterschätzt die Macht des Denkens nicht. Unsere Welt ist
aus Vorstellungen, Träumen, Ideen erbaut. Jedes Haus, die Tassen und Kleidung –
alles wurde erst erdacht. Wer weiß, vielleicht sogar die Pflanzen, Tiere und
Menschen?
Und dann, wenn ich also in meinem Gedankenhaus herrsche, jedes Zimmer, den Keller und Boden gern betrete und auch nach freiem
Willen verlassen kann – dann trete ich hin und wieder aus diesem Haus heraus. Und
plötzlich höre ich den Kuckucksruf, die Glockenblumen läuten oder die verlebten
Blüten der Lonicera fallen. Ich rieche den Regen und das frisch gemähte Gras.
Allein dafür lohnt es sich, hin und wieder im Oberstübchen aufzuräumen.