Samstag, 4. Januar 2020

Friedliebende Kämpferin


Ich praktiziere Kampfkunst und will doch Frieden überall.
Ich könnte mich damit rausreden, dass Aikido lediglich zur Selbstverteidigung dient und niemals angreift. Das wäre schein-heilig, denn zum Üben der Abwehr, erlernte ich anzugreifen. Was ehrlicher ist: die Kampfkunst lehrte und lehrt mich viel über meine versteckten, verletzenden Eigenschaften, brachte meine Kampfwut an die Oberfläche. Wut auf das Kämpfen und Wut, die mich stetig kämpfen ließ. Ein Tier, dass in meinen Tiefen hauste, dem ich mich aber stellen lernte. Ich wurde mutig, ihm in die Augen zu sehen und seine Mordlust zu erkennen. Ich erlebte mich in Konkurrenzneid gefangen, ich sah Kleingeist und Engherzigkeit, Rechthaberei und Misstrauen. Ich könnte endlos aufzählen. So erfuhr ich letztlich, dass ich bei aller Kämpferei nur gegen mich selbst am ärgsten kämpfte, ich mein bester Feind war. Doch immerhin konnte ich auch sehen, dass dieser Feind nur ein Teil von mir war. Ich musste ihn nur beim Namen nennen. Seine Verkleidung war gut, doch ich hieb und boxte mich durch all seine Rüstungen und Schleier, bis ich ihn nackt sah. Er heißt Angst. Alle Zusätze, die sich die Angst so zulegt, wie Verlassensangst, Existenzangst, Todesangst – egal, wovor es möglich ist Angst zu haben, egal auch mit welcher Begründung: es ist immer wieder nur sie. Und sie will mich besitzen. Doch wer von ihr beherrscht wird, kann nicht zum Frieden kommen.
Und so will ich sie lassen und dennoch ist sie da. Erst hatte ich Angst vorm Kämpfen, jetzt habe ich Angst, das Kämpfen zu lassen. Nicht gegen Menschen, die anders denken; nicht gegen die Schmerzen und Malaisen meines Körpers; nicht einmal gegen meine dümmsten Gedanken will ich mehr kämpfen. Ich trainiere mir Mut an. Mut zur Geduld und zum ehrlichen Sein. Ich übe auf der Matte und im Alltag. Ehrlich sein heißt nicht nur, meine schlechten Eigenschaften sehen, sondern auch meine Aufbauenden. Ehrlich sein bedeutet für mich, Gedanken, Gedichte, Geschichten in die Welt zu lassen. Und ehrlich will ich sein, meinen Glauben zu zeigen. Ein Glaube an die eine universelle reine Kraft, die sich wie Liebe anfühlt, wie Leuchten aussieht und wie unendlicher Friede Stille bringt.

Irrtum

Ich denke - also irre ich